Meine 4 Säulen des Gitarrenspiels


1. Melodie


Die Melodie ist die Seele eines Musikstücks. Wer melodische Elemente nicht auf dem Instrument abbilden kann und sich nur in Griffmustern bewegt, dem fehlt ein wesentlicher Teil des Gesamtbildes. Akkorde richten sich nach der Melodie und legen ihr den Teppich aus. Für ein gutes Begleitspiel muss man die Rolle des Sänger oder des Melodieinstrumentes verstanden haben. Auch eine Basslinie ist eine Melodie, Akkorde bewegen sich in melodischen Linien, wenn wir sie linear verstehen...


👉🏻 Level 1: Kannst du die Melodie von 'Hey Jude' nach Gehör spielen?


2. Begleitung


Egal ob wir es Liedbegleitung, Rhytmusgitarre oder Comping nennen. Vom sozialen Aspekt ist das Begleitspiel vielleicht die wichtigste Funktion der Gitarre, die einerseits sehr gut zu transportieren ist und andererseits einen vollen Klang hat. Viele von uns haben angefangen die eigene Stimme oder andere Gesangsstimmen zu begleiten, oder wir wollten in einer Band spielen. Liedbegleitung ist extrem vielfältig:

 
  • Offene und verschiebbare Akkorde

  • Flüssiges, sicheres Strumming

  • Pianistische Techniken, Travis Picking

  • Akkordbrechungen, Akkordumkehrungen

  • Puls, Metrum, Rhythmik, Form

  • Kontextbezogenes Spiel

  • Stimmführung, Basslinien

  • Groove, Time-Feel u.v.m.

 

👉🏻 Level 2: Kannst du ‘You Are My Sunshine’ nach Gehör begleiten?


3. Akkordsolo


AKA Sologitarre: Harmonie und Melodie werden gleichzeitig in unterschiedlicher Komplexität wiedergegeben.

Von Klavierstücken sind wir es gewohnt, dass alle wesentlichen Merkmale eines Stückes wiedergegeben werden. Wer anfängt Gitarre zu spielen macht die Erfahrung, dass vielen Stücken der Wiedererkennungswert fehlt, wenn niemand zur Akkordbegleitung singt. Nur die Melodie zu spielen, kann wiederum eindimensional oder dünn klingen. Die Gitarre ist keine Violine oder Trompete, gerade unverstärkt hat die Gitarre als Melodieinstrument auch ihre Grenzen.

Ein einfaches Akkordsolo (Chord Melody) selbst zu arrangieren, ist für mich der erste Schritt in Richtung mittleres und gehobenes Spielniveau. Die gleichzeitige Kontrolle von Harmonie und Melodie hat eine große musikalische Tragweite. Wer Melodien nicht durch die dazugehörigen Harmonien versteht, hat massive Nachteile einzelne Parts rauszuhören oder selbst zu schreiben.

Schüler die mit klassischem Repertoire beginnen, spielen im Prinzip schon Akkordsolos - weil die Gitarre hier als unbegleitetes Soloinstrument gilt. So wie klassische Gitarre oft unterrichtet wird, fehlt vielen Schülern leider das musikalische Verständnis: Sie lesen und spielen die Noten, erkennen dabei aber weder Akkorde, Melodie oder Tonart. Es fehlt an musikalischer Selbstständigkeit, obwohl die technischen Grundlagen vorhanden sind.


👉🏻 Level 3: Die Melodie von 'Hey Jude’ war kein Problem. Die Akkorde zu ‘You Are My Sunshine’ musst du nicht googeln. Kannst du für beide Songs in einem einfachen Arrangement Melodie und Akkorde verbinden?


4. Improvisation


Improvisation ist für mich die höchste Form des Musikmachens, so wie Komponieren in Echtzeit. Angefangen vom Verzieren einer Melodie, der leichten Abwandlung von einem Riff. Über einen 12 Bar Blues mit drei Akkorden, modale Konzepte mit wenig harmonischer Bewegung. Bis hin zu komplexen Akkordfolgen, Chromatik, Akkordsubstitutionen. Das spielerische Umgehen mit musikalischem Material im Allgemeinen ist mir wichtig –improvisatorisches Üben eine Herausforderung.


👉🏻 Next Level: Kannst du frei über einen Blues spielen? Wie sieht es bei einem einfachen Jazzstandard aus?